Archive for 20. März 2009

Von Severin Brinkmann verfasstes Schreiben an Frau Dr. Klein

Elternschaft der Städtischen Kindertagesstätte am Sülzgürtel 47
Vertreten durch den Elternrat – dieser vertreten durch Michaela Bossinger
Rhöndorfer Straße 16v – 50939 Köln – Telefon 0221 –16906555
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Stadt Köln
Dezernat IV – Bildung, Jugend und Sport
Frau Dr. Agnes Klein
Ottmar Pohl Platz 1

51103 Köln

Köln, 20.03.2009

Städtische Kindertagesstätte Sülzgürtel 47

Sehr geehrte Frau Dr. Klein,

wir wenden uns im Namen der Elternschaft der Städtischen Kindertagestätte am Sülzgürtel 47 (Kita Sülzgürtel 47) an Sie. Wir gehen davon aus, dass Ihnen die Problematik betreffend der Kita Sülzgürtel 47 bekannt ist, möchten diese jedoch wie folgt zusammenfassen:

1. Der Auszug der Kita Sülzgürtel von dem Gelände Sülzgürtel ist seitens der Stadt Köln beschlossen. Nach neuesten Informationen soll dieser Auszug nun nicht mehr zum 31.12.2009, sondern bereits zum 31.10.2009 erfolgen. Die Fertigstellung des geplanten Ersatzbaues für die Kita Sülzgürtel 47 auf dem Grundstück in der Elzstraße ist nach unseren Informationen im Jahr 2012 zu erwarten. Demnach sind für die Kinder, Eltern und Erzieher der Kita Sülzgürtel ca. drei Jahre zu überbrücken.

Am 09.02.2009 wurden uns erstmalig die diesbezüglichen Vorstellungen der Stadt Köln zur Kenntnis gebracht. Danach soll die Kita Sülzgürtel 47 von einer 3-gruppigen Kindertagesstätte in eine 2-gruppige Kindertagesstätte gewandelt werden. Hierzu sei bereits ein Aufnahmestopp verfügt worden. Aufgrund der Abgänge durch Umzug und Einschulung einzelner Kinder sowie dem verfügten Aufnahmestopp sei Ende des Jahres 2009 eine Kinderanzahl erreicht, die eine Auflösung der bisherigen drei Gruppen und eine neue Zusammensetzung in zwei Gruppen erlaube. Diese zwei Gruppen sollen sodann getrennt und in zwei verschiedene Kindertagestagesstätten in dem Bezirk Lindenthal ausgelagert werden. Zurzeit werde geprüft, welche Kindertagesstätten hierfür in Betracht kommen. Da Kindertagestätten regelmäßig keine weiteren Raumkapazitäten haben, sei mit erheblichen räumlichen Einschränkungen sowohl bei der Kita Sülzgürtel 47 als auch der aufnehmenden Kindertagestätte zu rechnen.

Nachdem die Elternschaft sich bereits in vielfacher Weise gegen diese Vorgehensweise gewandt hat, wurden seitens der Stadt Köln anderweitige Räumlichkeiten in Aussicht gestellt. Inwieweit der Standort Europaschule (Zollstock), der zwischenzeitlich als mögliches Ausweichquartier genannt wurde, in Frage kommt, kann seitens der Eltern noch nicht beurteilt werden.

Die am 09.02.2009 bekannt gegebene Vorgehensweise scheint jedoch weiterhin eine ernsthafte Option der Stadt Köln zu sein. So hat der verfügte Aufnahmestopp weiterhin Bestand. Auch von einer Auflösung der Drei-Gruppen-Struktur und einer neuen Zusammensetzung in zwei Gruppen wurde unserer Kenntnis nach bisher kein Abstand genommen.

2. Die von der Stadt Köln am 09.02.2009 bekanntgegebene Vorgehensweise ist jedoch rechtswidrig und verletzt sowohl die Kinder als auch die Eltern der Kita Sülzgürtel in Ihrem subjektiven Recht aus § 24 Abs. 1 S. 1 SGB VIII auf eine Kindergartenplatz sowie in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Erziehungsrecht.

Das Recht auf einen Kindergartenplatz nach § 24 Abs. 1 s. 1 SGB VIII gewährt nicht lediglich den Anspruch auf irgendeinen Kindergartenplatz, sondern dieser Kindergartenplatz muss auch den verfassungsrechtlich geschützten Anforderungen der Eltern genügen. Da die Eltern auf der anderen Seite keinen Anspruch auf einen bestimmten Kindergartenplatz oder einen bestimmten Kindergarten haben, kommt dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zentrale Bedeutung und Schutz zu. Dies gilt umso mehr, wenn dieses Wahlrecht bereits ausgeübt worden ist. Das VGH Mannheim führt dementsprechend in seinem Urteil vom 18.12.2006 wie folgt aus:

Eltern können zunächst nur zwischen den vorhandenen Kindergärten, in denen freie Plätze zur Verfügung stehen, auswählen. Wenn sie sich für einen bestimmten Kindergarten entscheiden, folgt hieraus typischerweise, dass sie Rücksicht nehmen und ihre eigenen Erziehungsvorstellungen teilweise zurücknehmen müssen, soweit diese mit den Vorstellungen anderer Eltern bzw. den inhaltlichen oder organisatorischen Anforderungen der Einrichtung kollidieren. Denn der einzelne Kindergarten kann nicht allen individuellen Erziehungsvorstellungen Rechnung tragen bzw. ist – insbesondere bei weltanschaulich-religiös ausgerichteten Trägern – eigenen Wertvorstellungen verpflichtet. Von daher kommt dem Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten im Bereich der Kindergartenauswahl zentrale Bedeutung zu. Nur durch die Wahl eines Kindergartens, der ihren Vorstellungen weitgehend entspricht, können die Eltern erreichen, dass ihre Erziehungsvorstellungen möglichst einschränkungsfrei umgesetzt werden. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe muss diese Auswahlentscheidungen der Eltern grundsätzlich akzeptieren und seiner eigenen Bedarfsplanung zu Grunde legen.

Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz gem. § 24 I Satz 1 SGB VIII bzw. die hiermit korrespondierende Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auf Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots können von daher nicht auf die Bereitstellung irgendwelcher Kindergartenplätze gerichtet sein, sondern nur auf die Bereitstellung von solchen Plätzen, die den konkreten („in der jeweils von den Eltern gewählten Form“), verfassungsrechtlich geschützten Anforderungen der Eltern möglichst weitgehend genügen. Eine Verweisung der Eltern auf Kindergartenplätze, die den individuellen Erziehungsvorstellungen nicht entsprechen, würde eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des elterlichen Erziehungsrechts darstellen, wenn bei geänderter Förderpraxis unschwer ein geeignetes Angebot zur Verfügung stünde.

VGH Mannheim Urteil v. 18.12.2006;

Von den Eltern der Kita Sülzgürtel 47 ist dieses geschützte Wahl- und Wunschrecht bereits ausgeübt worden. Die jeweiligen Eltern haben nach reiflicher Überlegung und aus guten Gründen einen Platz gerade in der Kita Sülzgürtel 47 gewählt. Zu diesen guten Gründen gehörten unter anderem:

• das pädagogische Konzept der Kita Sülzgürtel 47
• die Leitung und die einzelnen Erzieher/innen der Kita Sülzgürtel 47
• die weiteren Kinder und Eltern der Kita Sülzgürtel 47
• das Bestehen einer Drei-Gruppen-Struktur in der Kita Sülzgürtel 47
• ein Angebot für Kinder unter drei Jahren in der Kita Sülzgürtel 47
• die örtliche Lage der Kita Sülzgürtel 47
• die räumlichen Gegebenheiten des Innen- und Außenbereichs der Kita Sülzgürtel 47

Die Auflösung der Drei-Gruppen Struktur und Auslagerung der übrigen zwei Gruppen in ohnehin knapp bemessenen Räumlichkeiten zweier unterschiedlicher Kindertagesstätteneinrichtungen missachtet dieses ausgeübte Wahlrecht vollständig. Die für die Eltern ausschlaggebenden Gründe finden in der Vorgehensweise der Stadt Köln keinerlei Berücksichtigung mehr. Erschwerend kommt der verfügte Aufnahmestopp hinzu. Ein Aufnahmestopp führt zu einer schleichenden Auflösung der Kita Sülzgürtel 47. Es stellt sich unweigerlich die Frage, welche Kinder denn in das zu errichtende Ersatzgebäude in der Elzstraße einziehen sollen, wenn ab dem jetzigen Zeitpunkt keine Kinder mehr aufgenommen werden. Die jetzigen Kinder der Kita Sülzgürtel 47 werden dann ganz überwiegen bereits eingeschult sein. Zudem ist wesentlicher pädagogischer Aspekt einer altersgemischten Kindergartengruppe der Neueintritt weiterer Kinder, ein kontinuierlicher Aufstieg des jeweiligen Kindes in der Altersrangfolge sowie eine dynamische Gruppenbildung. Die Verfügung eines Aufnahmestopps bewirkt, dass die jüngeren Kinder immer die jüngsten bleiben und Jahr für Jahr den ersatzlosen Abgang ihrer Freunde und Bezugspersonen miterleben müssen, ohne dass die Kindergartengruppe mit Neuankömmlingen belebt werden könnte. Dies kann nicht mehr als angemessene pädagogische Rahmenbedingung einer altersgemischten Kindergartengruppe angesehen werden.

Da die Kita Sülzgürtel 47 eine Betreuung für Kinder unter drei Jahren anbietet, bewirkt der Aufnahmestopp zudem eine Reduzierung des Betreuungsangebotes der Stadt Köln für Kinder unter drei Jahren. Dies steht der gesetzlichen Zielrichtung und den erklärten Zielen der Stadt Köln, Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahre zu schaffen, entgegen.

Im Ergebnis liegt in der am 09.02.2009 vorgestellten Vorgehensweise keine Bereitstellung eines Kindergartenplatzes vor, der sich nach dem Bedarf der Eltern und Kindern der Kita Sülzgürtel 47 richtet. Den Eltern und Kindern wird lediglich irgendein Kindergartenplatz angeboten, den sie soweit sie ihr Wahlrecht nicht bereits ausgeübt hätten, mit Sicherheit nicht annehmen würden.

3. Die Stadt Köln ist vielmehr verpflichtet, ein Angebot zur Verfügung zu stellen, dass den Anforderungen der Eltern weitestgehend genügt. Dem kann unseres Erachtens nur genüge getan werden, wenn Räumlichkeiten für die gesamte Kita Sülzgürtel 47, unter Beibehaltung ihrer Drei-Gruppen-Struktur und des pädagogischen Konzepts, gefunden werden. Auch wenn bekannt ist, dass die Eltern keinen Anspruch auf eine bestimmte Leitung oder bestimmte Erziehungspersonen haben, ist die Stadt Köln verpflichtet Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Verbleib der bisherigen Leitung und der Erziehungspersonen zumindest ermöglicht.

4. An dieser Stelle müssen wir jedoch auch unser völliges Unverständnis für die Vorgehensweise der Stadt Köln in den vergangenen Jahren zum Ausdruck bringen. Obwohl der Auszug von dem Gelände Sülzgürtel 47 seitens der Stadt Köln langjährig bekannt ist, wurde keinerlei langfristig geplante Lösung gesucht. Hier müssen wir nach unserem jetzigen Kenntnisstand von erheblichen Versäumnissen der Stadt Köln ausgehen. Insofern sehen wir die Stadt Köln auch verpflichtet, erhöhte Anstrengungen zu unternehmen, um in der verbleibenden knappen Zeit eine bedarfsgerechte Lösung für die Kita Sülzgürtel 47 zu finden. Die jetzt bestehende Zeitnot darf sich unseres Erachtens nicht zulasten der Kinder und Eltern der Kita Sülzgürtel 47 auswirken.

5. Wir bitten daher um möglichst kurzfristige Bestätigung, spätestens jedoch bis zum

27.03.2009,

dass die beabsichtigte Auflösung der Drei-Gruppen-Struktur sowie die Auslagerung der verbleibenden zwei Gruppen auf unterschiedliche Kindertagestätten als gangbarer Weg ausgeschlossen und der verfügte Aufnahmestopp für die Kita Sülzgürtel 47 wieder aufgehoben wird.

Abschließend bitten wir dringend, alle Anstrengungen der Stadt Köln in der Angelegenheit Kita Sülzgürtel 47 auf die Suche nach den geeigneten Räumlichkeiten und dem geeignetem Standort zu konzentrieren.

Unsererseits stehen wir für jedwede Rücksprache und Hilfe bei der Suche nach den geeigneten Räumlichkeiten gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Severin Brinkmann, Tel.-Nr. 0221 / 492014-13

20. März 2009 at 12:22 Hinterlasse einen Kommentar


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